ip-koordination:beitrag20091122

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development:beitrag20091122 [22.11.2009 19:42 Uhr] dd9qpdevelopment:beitrag20091122 [23.11.2009 01:10 Uhr] dd9qp
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 +<code>
 +Die IP-Koordination DL - Entstehung, Entwicklung, neue Herausforderungen
 +                               von
 +       Thomas Osterried DL9SAU und Egbert Zimmermann DD9QP
  
 +Digitale Übertragungsverfahren haben unseren technischen Fortschritt stets
 +begleitet. Sie hatten viele Gesichter: RTTY, Amtor, GTor, Pactor.
 +Viele dieser Betriebsarten waren ursprünglich kommerzielle oder militärische
 +Verfahren. Einige davon wurden an unsere Bedürfnisse (Bandbreite, 
 +Rufzeichencodierung usw..) angepasst.
 +
 +Gegen Anfang der 80'er Jahre trat ein neues Gefährt auf die Bühne: Packet-Radio.
 +Grundlegend neu an dem Packet-Radio-Verfahren war, dass die zu übertragenden
 +Daten in einzelne "Pakete" variabler Länge aufgeteilt werden können und die
 +Pakete einen Kopf haben, der Angaben über den Datentyp und über Herkunft und
 +Ziel des Datenstroms enthält. So läßt sich ein Funkkanal gleichzeitig von
 +mehreren Datenströmen (QSOs) nutzen. Mit diesem Verfahren können ausnahmslos
 +alle 256 Zeichen unseres 8-Bit-Zeichensatzes übertragen werden. Das ermöglicht
 +die Übertragung beliebiger binärer Daten ohne weitere Umwandlung.
 +
 +Ein Protokoll wurde entwickelt, das dafür sorgt, dass die Pakete fehlerfrei
 +und vollständig ihr Ziel erreichen. Wenn nötig werden sie erneut übertragen oder
 +aber die Verbindung aktiv beendet. Das Protokoll heißt AX.25 und ist eine
 +Erweiterung des X.25 Protokolls (ITU Standard). Dabei steht das "A" für 
 +"Amateur", weil es von Funkamateuren auf unsere speziellen Bedürfnisse
 +angepaßt wurde. AX.25 wurde seinerzeit dem TAPR (Tucson Amateur Packet Radio)
 +Kongress vorgestellt und zeichnet sich durch ein offenes und gemeinsam
 +erweiterbares Design aus.
 +
 +Über ganz DL verteilt hatten wir bald ca. 400 Digipeater-Standorte. Drumherum 
 +entwickelte sich, neben der Betriebstechnik des QSO von OM zu OM, eine breite
 +Infrastruktur wie Mailbox (BBS), DX-Cluster, Convers, Funkruf, Wetterstationen,
 +uvam. Eine Art Renaissance erlebt AX.25 seit einigen Jahren durch die Verwendung
 +beim APRS-Verfahren (Automatic Packet Reporting System), welches den Datagram 
 +Mode und die "Digipeating"-Funktionalität von AX.25 nutzt, um darin sein
 +erweitertetes Datenformat zu übertragen.
 +
 +AX.25 ist, wie z.B. das bekannte Ethernet, gemäß dem ISO/OSI Schichtenmodell etwa
 +auf Layer 1-2 angesiedelt. Jedes AX.25 Paket enthält eine Protokoll-ID. Damit
 +lassen sich auf einer Verbindung gleichzeitig unterschiedliche sogenannte Layer 3
 +Protokolle übertragen, ohne dass diese sich ins Gehege kommen.
 +
 +Die Übertragung von Daten mit TCP/IP, dem Protokoll des Internets, wurde von
 +einigen OMs von Anfang an auch hierzulande praktiziert. Zu Beginn der 90'er
 +Jahre war TCP/IP in DL allerdings zunächst eher eine Nischenspielart in manchen
 +Packet-Radio Hochburgen. Erst einige Jahre später zeigte sich, welch enorme
 +Innovationskraft des Amateurfunks auch von zunächst kleinen Projekten
 +ausgehen kann:
 +
 +1. Anfang der 90'er Jahre verkaufte die Deutsche Bundespost noch BTX, und es gab
 +allenfalls Schnittstellen für elektronische Post (Mail) in andere Datennetze
 +(Internet, UUCP, Compuserve, FidoNet, usw.).
 +2. Der eine oder andere mag sich noch an die Software für Intel286 DOS PCs von
 +Phil Karn, KA9Q, erinnern, die AX.25 und TCP/IP in einem Programm mit dem Namen
 +"NOS" (Network Operating System) zusammenfasste und weit über die Amateurfunk
 +Community hinaus bis in den professionellen Bereich weltweite Verbreitung fand.
 +3. Auch fachfremde Funkamateure lernten die Funktionsweise von Protokollen kennen,
 +die auch heute noch das Internet zusammenhalten. Als Funkamateur schaut man
 +in die Daten hinein, versucht zu verstehen weshalb was wie abläuft und versucht
 +Lösungen zu finden, um unnötiges Datenaufkommen auf den anfangs noch langsamen
 +Funkkanälen zu vermeiden.
 +
 +Die Übertragung von TCP/IP in AX.25 basierten, langsamen Funknetzen geht mit
 +einer Reihe von Nachteilen einher. Für die Verwendung von TCP/IP sprechen aber
 +auch handfeste Vorteile.
 +
 +Nachteile von TCP/IP in AX.25 basierten Netzen
 +
 +   1. AX.25 Pakete sind klein (max. MTU 256 Bytes) und aus einer Reihe von
 +   technischen Gründen nicht vergrößerbar. Der sogenannte "Overhead" durch
 +   den AX.25-Protokollheader ist im Verhältnis zum eigentlichen Inhalt eines
 +   Datenpaketes recht gross.
 +
 +   2. Die TX-Delay ist hoch. Das ist die nötige Zeitverzögerung, damit der
 +   eigene Sender eingeschwungen ist und der Empfänger sich auf das zu empfangende
 +   Datenpaket synchronisieren kann.
 +
 +   3. Unser PR-Netz hat mit 1200 Bit/s Datenübertragungsrate angefangen und wurde
 +   bald auf 9k6 ausgebaut. 19k2 und höher gab es, von wenigen Ausnahmen
 +   abgesehen, nur auf Interlink-Funkstrecken zwischen den Digipeater-Standorten.
 +
 +   4. Wenn das Routing nicht stimmt (wie kommt OM DL1AAA zu OM DL2BBB?), dann
 +   ist eine Kommunikation nicht möglich. Routen mussten lange von Hand gepflegt
 +   werden - mit der Tendenz zum Veralten. Manchmal, wenn die HF-Bedingungen
 +   schlecht waren, routete der AX.25 Layer den Nachbar-Digi über eine längere
 +   Strecke. Deutlich höhere Paketlaufzeiten waren dann die Folge. Das ist ein
 +   grundlegendes und nicht lösbares Problem, wenn man mehrere geroutete
 +   Protokolle übereinander stapelt.
 +
 +Diese 4 Punkte können sich potenzieren, was dann teils zu weiteren Problemen
 +führt. Beispielsweise besitzen connectete AX.25 Verbindungen Timer. Das
 +Transportprotokoll TCP hat ebenfalls eigenständige und von tieferen Layern
 +im ISO/OSI Schichtenmodell unabhängige Timer. TCP "weiss" nicht, dass der
 +Funkkanal schon seit längerer Zeit belegt ist. Läuft der TCP-Timer ab, dann wird
 +versucht, das Paket erneut zu übertragen. Doch das AX.25 Protokoll versucht
 +möglicherweise immer noch, das Original-Paket und die letzten beiden TCP-Polls
 +(und jetzt auch noch diesen weiteren) an die Gegenstation auszuliefern. Daten
 +werden so auf den ohnehin recht langsamen Funkverbindungen unnötigerweise
 +mehrfach übertragen. Deshalb wurde TCP/IP im Amateurfunk oft als zu zäh
 +empfunden und in manchen Regionen nicht gern gesehen.
 +
 +Vorteile von TCP/IP im Amateurfunk
 +
 +   1. Es handelt sich um eine zukunftsweisende Technologie. Das Internet
 +   hat überlebt. BTX, Compuserve, usw. jedoch nicht.
 +
 +   2. Die Protokolle und Verfahren sind standardisiert und für jedermann
 +   weltweit verfügbar.
 +
 +   3. Es besteht die Möglichkeit zur Nutzung bestehender, mächtiger
 +   Anwendungssoftware für alle Betriebssysteme.
 +
 +   4. Wir haben langjährige Erfahrung, d.h. wir kennen auch "Fehler" aus der
 +   Vergangenheit, die uns bei der Planung von (Amateurfunk-)Netzen der nächsten
 +   Generation helfen werden (s. Hochgeschwindigkeitsnetz HAMNET).
 +
 +   5. Software, die wir aus AX.25 Netzen kennen, wurde bereits für TCP/IP basierte
 +   Dienste angepasst oder es existieren geeignete Gateway-Programme. BBS 
 +   Nachrichten mit einem E-Mail-Programm zu empfangen, BBS News mit einem
 +   Newsreader zu lesen, den DX-Cluster mit dem Webbrowser zu bedienen, oder im
 +   Convers-Netz mit einem IRC-Client zu chatten ist kein Problem mehr. Lediglich
 +   für das "Surfen" im AX.25 Netz mit dem Webbrowser (HamWEB hießen die Projekte)
 +   überwogen die Nachteile.
 +
 +
 +44/8 und die IP-Koordination DL
 +
 +Das 44/8 Netz (damals nannte man diese Netze noch "Class A") wurde Mitte der
 +80er Jahre weltweit dem Amateurfunk zugewiesen. Das Netz wird von Brian Kantor,
 +WB6CYT, betreut (siehe  http://www.ampr.org/ ) und ist mit der Domain
 +"ampr.org" verknüpft. IP-Adressen müssen eindeutig sein, Doppelvergaben sind
 +unbedingt zu vermeiden. Anderenfalls wäre eine überregionale oder gar
 +weltweite Verbindung von Teilnetzen nicht mehr möglich. Genau wie im Internet
 +ist deshalb eine zentrale Koordination unvermeidlich. Daher gibt es in jedem
 +Land einen zuständigen, nationalen Koordinator, der von Brian Kantor
 +authorisiert ist.
 +
 +Seit 1987 nutzen wir Funkamateure in DL den IP Adressbereich 44.130/16, der
 +anfangs von Ralf D. Kloth DL4TA koordiniert wurde. Nach 10 Jahren hat Ralf die
 +Koordination an Detlef Brunkel DH9KAE abgegeben. 1999 übernahm dann Fred
 +Baumgarten DC6IQ diese Aufgabe. Die wichtigste Weiterentwicklung in dieser Zeit
 +war die Einführung von regionalen Subzonen in die ursprünglich "flache" Domain
 +ampr.org.
 +
 +Seit 2003 haben wir in DL ein Team, das sich um die deutschlandweite
 +Koordination der Vergabe von IP-Adressen aus dem 44/8-Netz kümmert. Das
 +Team besteht aus Egbert DD9QP, Thomas DL3SBB und Thomas DL9SAU. Die IP-
 +Koordination DL arbeitet verbands- und vereinsübergreifend und stützt
 +sich auf das Vertrauen der Regionalkoordinatoren und Nutzer. Dieses wurde in
 +einer Abstimmung, zu der im Packet-Radio-Netz aufgerufen wurde und an der sich
 +jeder Funkamateur beteiligen konnte, ausgesprochen.
 +
 +Blicken wir zurück, hat seit mehr als 20 Jahren diese Selbstverwaltung
 +reibungslos und zuverlässig funktioniert.
 +
 +Eine der Aufgaben der IP-Koordination in DL besteht darin, Kontakt mit den
 +Regionalkoordinatoren zu halten. Regionalkoordinatoren entscheiden über die
 +Struktur ihres Netzes und die Vergabe der IP-Adressen in ihrer Region
 +selbstständig. Heute zählen wir 103 Regionen. Wenn in einer Region der
 +Koordinator nicht mehr erreichbar ist, dann kümmert sich die IP-Koordination
 +darum, dass sich in der Region wieder ein Koordinator findet.
 +
 +Änderungen werden über den Internetstandard DNS (Zonetransfer) im
 +automatisierten Verfahren auf einen der fünf der Region am nächsten gelegenen
 +DNS-Hubs (Hub Nord, Süd, West, Ost, Mitte) übertragen. Hier werden die aus den
 +Regionen gemeldeten Änderungen gesichtet und an die zentrale Instanz, den 
 +Nameserver auf hamradio.ucsd.edu, weitergeleitet.
 +
 +DNS ist einer der wichtigsten Dienste in einem TCP/IP-basierten Netz. Er setzt
 +eine IP-Adresse (z.B. 44.130.146.100) in einen leicht zu merkenden Namen um
 +(z.B. db0res.ampr.org). Gibt es keinen DNS, kennt man die Adresse nicht und man
 +kann den gewünschten Dienst nicht erreichen. Um die Antwortzeiten kurz zu halten,
 +sollte innerhalb eines jeden Netzabschnittes ein Nameserver zur Verfügung stehen.
 +Schon allein deshalb bot es sich an, auf dem Wege des DNS-Zonetransfer Änderungen
 +aus der Region nach "oben" zu vermitteln, weil es einen lokalen DNS aus obigen
 +Gründen ohnehin geben soll. Ferner ist die Änderung in der jeweiligen Region
 +unmittelbar bekannt. Neue Stationen können praktisch sofort testen und arbeiten,
 +ohne auf die "endgültige" Eintragung bei ucsd.edu warten zu müssen.
 +
 +Das vor unserer Zeit von DC6IQ eingeführte Subzonen-Konzept (rr.de.ampr.org)
 +war eine wichtige Voraussetzung für das Gelingen. An dieser Stelle ein
 +herzliches Dankeschön für die damit verbundenenen Mühen und die geleistete
 +Arbeit. Wir haben dieses in DL eingesetzte System erweitert und optimiert.
 +Zentraler Ansatzpunkt war die Einführung von 5 "DNS-Hubs", die die "kreisende"
 +Erneuerung veralteter oder gar ungültiger Informationen (eine Schwäche des DNS)
 +wirksam verhinderten. Als nationale IP-Koordination haben wir die Regionen bei
 +der Konfiguration und Wartung ihrer Nameserver unterstützt. Nach vielen Jahren
 +reibungslosen Betriebes stellen wir fest, dass sich der Ansatz in unserem
 +schwerpunktmässig funkgestützten Amateurfunknetz bewährt hat.
 +
 +Näheres zur Geschichte und Technik der IP-Koordination in Deutschland lässt
 +sich auf der Internetseite http://www.de.ampr.org nachlesen.
 +
 +
 +Neue Aufgaben im Wandel der Zeit
 +
 +Unser altes PR Netz wurde mit seinen langsamen Übertragungsraten den
 +gestiegenen technischen Anforderungen nicht mehr gerecht und es erscheint heute
 +dem ein oder anderen zunehmend "unattraktiv". Neue Entwicklungen im Amateurfunk
 +(ATV-Streaming, D-Star-Vernetzung, Echolink u.a.) erfordern höhere Datenraten,
 +die das in besten Zeiten sich quer durch ganz Europa erstreckende
 +Packet-Radio-Netz nicht mehr bereitstellen konnte. Dies führte innerhalb des
 +Amateurfunks zu Parallelentwicklungen, während man im kommerziellen Bereich
 +versuchte, verschiedene Dienste in ein einheitliches, voll digitalisiertes Netz
 +zu integrieren. So kam es, dass das PR-Netz schon mehrfach in einzelnen Regionen
 +für tot erklärt wurde, während in anderen Regionen neue OMs das Netz wieder
 +ausbauten. Sicherlich haben wir viele ehemalige PR-Nutzer "ans Internet"
 +verloren. Dennoch sollten wir nicht vergessen, dass das Internet Bezahlware ist.
 +In unseren eigenen Datennetzen auf eigenen Frequenzen können wir jedoch
 +untereinander kostenlos miteinander kommunizieren, eben Amateurfunk betreiben.
 +
 +Oft überlegten wir uns wie es wäre, wenn wir schnellere Datenraten hätten.
 +Meist endete es im Betrachten des Henne-Ei Problems: Ohne schnelle Zugänge für
 +Nutzer müssen wir keine schnellen Linkstrecken aufbauen. Ohne schnelle
 +Linkstrecken machen jedoch Hochgeschwindigkeitszugänge für Nutzer keinen Sinn.
 +
 +Derzeit erlebt das Interesse an Hochgeschwindigkeitsverbindungen jedoch einen
 +Boom. Qualitativ hochwertige "WLAN" Hardware ist zwischen 50 und 100 Euro zu 
 +haben. Wir beobachten diese technische Entwicklung schon über Jahre. Der Einsatz
 +dieser Hardware mit 20 MHz Bandbreite war aber in Deutschland nicht genehmigungs-
 +fähig. In den Bandplänen der für diese Technik interessanten Mikrowellenbänder
 +wurde für digitale Übertragungen eine maximale Bandbreite von 10 MHz vorgesehen
 +und von der Genehmigungsbehörde festgeschrieben. Mittlerweile gibt es jedoch
 +bezahlbare Hardware, die auch mit 5 oder 10 MHz Kanalbandbreite arbeitet - und
 +schon stehen wir Funkamateure in den Startlöchern.
 +
 +Welche Möglichkeiten Übertragungsraten zwischen 1.5 MBit bis 54 MBit (die
 +Bandbreitendiskussion ist derzeit in vollem Gange) für unser Hobby bieten, ist
 +zur Zeit noch schwer abzusehen. Der Phantasie sind da keine Grenzen gesetzt.
 +Schon heute erfüllt ein solches Netz jedoch all unsere Träume: Fonierelais-
 +vernetzung (EchoLink, D-STAR, IRLP, Allstarlink) ohne Internet über unsere
 +eigene Infrastruktur, störungsfreie Rundsprüche als digitaler Broadcast, 
 +Echtzeitverbindungen der bisher isolierten Welten ATV (insbesondere D-ATV)
 +mit PC und Web-Cam im HAMNET, SSTV, Steuerung und Nutzung entfernt abgesetzter
 +Empfänger weit ausserhalb der in Städten stark verbreiteten PLC-Störungen
 +(oder ähnliche), und vieles andere mehr.
 +
 +Zur Frage der Rückwärtskompatibilität: Selbstverständlich kann das HAMNET
 +auch das AX.25 basierte PR-Netz ohne Abstriche "tunneln". Es existieren
 +bereits Standards wie axip, axudp, axtcp und bpqether. Eine Entscheidung 
 +"pro HAMNET" am Standort ist also keine Entscheidung "kontra klassische 
 +PR-Nutzereinstiege in 1k2 oder 9k6".
 +
 +In Deutschland stand die Packet-Radio-Tagung in Darmstadt im April 2009 bereits
 +ganz im Zeichen dieses Trends. Kurz vorher ging in OE schon ein modernisiertes
 +Hochgeschwindigkeitsnetz in Betrieb, welches dort das bisherige PR Netz ablöst
 +und neue Dienste (s. oben) integriert hat. Die österreichischen OMs nannten es
 +"HAMNET", um Assoziationen wie "WLAN == kostenloses Internet" bewusst zu
 +vermeiden.
 +
 +Näheres siehe http://wiki.oevsv.at/index.php/Kategorie:Digitaler_Backbone
 +
 +Hier in DL begann der Aufbau eines schnellen Backbonenetzes mit dem Anschluss
 +der Regionen Oberbayern und Niederbayern an das österreichische HAMNET. Nahezu
 +zeitgleich gab es Entwicklungen im Gebiet der Nordlink (Region Hannover), in
 +Franken, Rhein-Ruhr (Niederrhein und Ruhrgebiet), sowie Berlin. Gerade neu
 +hinzugekommen ist die Region Schwaben. Aus mehreren anderen Regionen erreichen
 +uns nahezu täglich Anfragen zur Realisierbarkeit des TCP/IP-gestützten HAMNET.
 +
 +
 +HAMNET und die IP-Koordination DL
 +
 +Mit der Entwicklung des HAMNET haben wir uns im Team der IP-Koordination in DL
 +den neuen Herausforderungen gestellt.
 +
 +Entwicklung und nahezu zeitgleicher Aufbau eines "HAMNET" in zahlreichen
 +Regionen Deutschlands darf nicht zu Insellösungen führen. Deshalb müssen von
 +allen beteiligten Aktivitätsgruppen beim Netzaufbau von Anbeginn an
 +Routingkonzepte berücksichtigt werden, damit Interoperabilität und
 +Erreichbarkeit auch in Zukunft flächendeckend sichergestellt sind. HAMNET ist
 +genau wie das Internet im zentralen Kern ein rein TCP/IP-gestütztes Netz. Damit
 +werden zentrale Internetprotokolle wie DNS und automatisierte Routingprotokolle
 +wie BGP, OSPF oder RIP im Amateurfunkdienst ganz automatisch wichtiger als je
 +zuvor. Genau wie im Internet müssen auch im HAMNET von einer zentralen Stelle
 +aus IP-Netze und AS-Nummern für das BGP-Routing zugeordnet und den einzelnen
 +Aktivitätsgruppen zugewiesen werden.
 +
 +Genau dies war immer schon das Kerngeschäft und die Hauptaufgabe der
 +IP-Koordination in DL. Es geht uns um die Zusammenarbeit und verbands- und
 +vereinsübergreifende Unterstützung aller Gruppen, die am Aufbau von Teilen eines
 +flächendeckenden HAMNET beteiligt sind. Dabei wollen und können wir nicht bis
 +ins kleinste Detail die technische Umsetzung des Netzes vorschreiben, aber wir
 +müssen unbedingt sicherstellen, dass man von A über B auch nach C kommt.
 +
 +Routing ist nämlich nicht nur eine Herausforderung innerhalb der Region oder
 +zwischen benachbarten Regionen. Amateurfunknetze kennen keine Grenzen eines
 +Landes. Wir müssen schon bei der Planung eines HAMNET "global denken". Deshalb
 +müssen wir uns in grundlegenden und wichtigen Fragen mit unseren Nachbarn
 +absprechen und einigen. Diese Erkenntnis ist nicht neu, haben wir uns doch schon
 +seit Jahren mit unserem Packet-Radio-Netz mit unseren Nachbarländern und auch
 +international abgestimmt - nicht nur in Fragen wie IP oder AX.25. Ohne
 +Absprachen und Koordinationsarbeit wären auch die weltumspannenden Netze wie
 +Convers oder DX-Cluster nicht möglich gewesen.
 +
 +In den letzten Monaten haben wir im Team der IP-Koordination in DL auf der
 +Basis von länderübergreifenden Absprachen und internationaler Standards ein
 +Konzept für die IP- und Routingkoordination für das HAMNET in DL entwickelt, das
 +sich nahtlos in ein diensteintegrierendes, länderübergreifendes europäisches
 +Amateurfunknetz einbindet, ohne die Konnektivität zum weltweiten "ampr.org" Netz
 +zu verlieren.
 +
 +Wir haben dazu Empfehlungen zur Aufteilung von IP-Netzen nach modernen
 +Designkriterien entwickelt. Dabei verfolgen wir den Ansatz, dass die neuen
 +Zonen und Netze administrativ in die Hände derjenigen gehören, die die neuen
 +Netze aufbauen und betreiben. Jede Gruppe muss einen authoritativen DNS für die
 +eigene Zone betreiben und dieser muss an die DNS-Hubs über das alte oder das
 +neue Netz angebunden werden. Dazu ist heutzutage nicht einmal mehr ein
 +stromfressender "good old PC" zwingend erforderlich, sondern es genügt ein
 +"embedded System" (WLAN-Router) mit wenigen Watt Leistungsaufnahme, auf dem in
 +irgendeiner Form ein Linuxderivat läuft. Deshalb sind auch Leistungsauflagen
 +auf DFMG-Standorten kein KO-Kriterium für die Teilnahme am neuen HAMNET mehr.
 +
 +PCs und Server müssen nicht mehr an jedem Repeaterstandort stehen. Es genügt 
 +ein leicht zugänglicher Standort in der jeweiligen Region bzw. im AS-Bereich, 
 +um eigene, regionale Angebote und Dienste für das gesammte HAMNET erreichbar
 +einzuspeisen. In diesem Zusammenhang kann auch die Anbindung einer Clubstation
 +oder eines OV-Heimes mitsamt Schulungsräumen an das HAMNET interessant sein.
 +
 +Unser Konzept beinhaltet auch die Integration des "old-generation" Packet
 +-Radio-Netzes in das neue HAMNET. Dadurch werden die unterschiedlichen Layer
 +AX.25 in HAMNET und PR, sowie das Routing zwischen IP-Nutzern und IP-Diensten im
 +alten und neuen Netz ermöglicht. Unser bestehendes und bewährtes DNS-Konzept
 +wurde angepasst, damit eine nahtlose Integration in das HAMNET möglich ist.
 +
 +Wir haben bisher reservierte Netzbereiche aktiviert, um im neuen Netz
 +brauchbare Netzeinteilungen zu ermöglichen, ohne auf "Altlasten" Rücksicht nehmen
 +zu müssen. Hierdurch wird die Konnektivität zum "old-generation-Netz" (IP über
 +Packet-Radio AX.25) möglich.
 +
 +Auf einem IP-basierten Netz braucht es ein funktionstüchtiges Routing-Protokoll.
 +Im österreichischen HAMNET hat man sich für BGP4 entschieden. Das ist auch
 +das Protokoll, welches das Internet zusammen hält. Wir halten diese Entscheidung
 +für eine gute und richtige Wahl. Die per BGP vermittelten Routen werden an
 +einem sogenannten AS (Autonome Zone) "aufgehängt". Ein AS hat eine
 +(eineindeutige!) AS-Nummer. Um nicht mit existierenden, von der IANA (Internet
 +Assigned Numbers Authority) im Internet vergebenen Nummern zu kollidieren, wird
 +im Amateurfunk der "private" AS-Nummernbereich 64512 bis 65535 verwendet. In OE
 +ist man mit der Modernisierung des Netzes schon einen Schritt weiter und verfügt
 +mittlerweile über Erfahrungen bei der Umsetzung auf die speziellen Anforderungen
 +eines funkbasierten, digitalen Amateurfunknetzes.
 +
 +Die IP-Koordination DL hat sich daher mit den Ländernachbarn abgestimmt und
 +es wurde eine länderübergreifende Einteilung und Koordinierung der AS-Nummern
 +konzipiert. Entsprechend dem Ausbaustand des neuen HAMNET verteilen sich die
 +ersten AS-Nummernblöcke auf die Länder OE, I und DL. Weitere Länder wurden
 +berücksichtigt und können jederzeit problemlos integriert werden. Dem Aufbau
 +eines europaweiten Hochgeschwindigkeitsnetzes für Funkamateure auf der
 +Grundlage dieses HAMNET-Konzeptes steht nichts entgegen.
 +
 +AS-Nummern müssen netzweit genauso eindeutig sein wie die Vergabe von
 +IP-Nummern und IP-Netzen. Aus routingtechnischen Gründen ist auch eine
 +eindeutige Zuordnung von IP-Netzen und AS-Nummern durch eine zentrale Instanz
 +notwendig. Deshalb hat die IP-Koordination in DL verbandsübergreifend für alle
 +deutschen Funkamateure die Koordination des AS-Bereiches für Deutschland (64620-
 +64669) übernommen. Unser Konzept des neuen HAMNET bezieht sich auf die
 +logischen Strukturen des Netzwerkes und kann selbst weltweite Konnektivität
 +ermöglichen. Die technische Realisierung jedoch liegt bei den einzelnen
 +Betreibergruppen. Hier führen, wie bei vielen anderen Dingen auch, bekanntlich
 +viele Wege "nach Rom". An dieser Stelle möchten wir lediglich noch den Tipp
 +weitergeben, von Anfang an beim Aufbau des neuen Netzes auch die IPv6-
 +Fähigkeit mit einzuplanen.
 +
 +Wir hoffen, mit unserem Konzept einer logischen Netzstruktur und unserer Unter-
 +stützung die "Techniker" unter den Funkamateuren bei der Realsisierung eines
 +HAMNET entlasten zu können und freuen uns auf die zahlreichen Berichte aus den
 +Regionen über den Aufbau des deutschen Teils unseres neuen HAMNET.
 +
 +Detaillierte Informationen zur Vergabe von IP-Adressen und AS-Nummern stehen im
 +Wiki der IP-Koordination DL unter http://www.de.ampr.org/. Fragen von
 +interessierten Betreibern oder Betreibergruppen beantworten wir gern.
 +
 +Für das DL IP-Koordinatorenteam, Egbert DD9QP und Thomas DL9SAU
 +</code>
  • ip-koordination/beitrag20091122.txt
  • Zuletzt geändert: 15.08.2015 17:25 Uhr
  • von dd9qp